Horizonte erweitern

21. August 2005 / Doris Maurer

Es ist mir unmöglich, das ganze Rally in meinen Text einzubeziehen, ich habe viel zu viel Unvergessliches erlebt. Darum picke ich einige kleine Highlights heraus.

Teamgeist

Am Highlandgame-Nachmittag starteten wir Schweizer mit den Schweden zusammen als ein Team. Per Zufall waren wir ein reines Frauenteam. Die erste Disziplin war Seilziehen. Wir motivierten uns gegenseitig, gegen die gemischten Teams anzutreten. Als wir im zweiten Zug gegen das männerreiche Ungarenteam etwas Widerstand leisteten, unterstützten uns sofort andere Teams als Fanclub. Dies verlieh uns zusätzliche Kräfte und liess uns gewinnen. Bei Einzelleistungen wie Stiefelweitwurf oder Baumstammüberwerfen erarbeiteten wir gemeinsam Taktiken. Durch diesen Wettkampf lernten wir das Team aus Schweden besonders gut kennen. Dank dem guten Teamgeist erlangten wir schlussendlich den dritten Schlussrang.

Kommunikation

Im Zentrum der Themen stand die Kommunikation. Wir lernten, dass Kommunikation in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich sein kann, dass man aber keine Kommunikationsform als minderwertig klassieren darf. Jede Kultur hat ihre Berechtigung. In gemischten Gruppen lernten wir bei spielerischen Aktivitäten die Kommunikation auf einen Nenner zu bringen und gemeinsame Strategien auszuarbeiten. Es blieb immer genug Zeit nachzufragen, warum jemand speziell reagierte. Oft hatte die Reaktion mit dem kulturellen Hintergrund zu tun. Bei mir ist das Verständnis für andere Kulturen stark gewachsen!

Fremde Kulturen

Jedes Länder-Team war stolz auf sein eigenes Land. Für das Internationale Buffet brachten alle ihre Köstlichkeiten von zu Hause mit. Gerne liess ich mir jeweils erklären, was ich gerade kostete und zu welchen Anlässen diese Köstlichkeit jeweils aufgetischt wird. Weil die neuen Freunde mir Gerichte wärmstens empfahlen, degustierte ich Lebensmittel, die ich sonst nie im Leben gekostet hätte. Dabei war ich meistens erstaunt, wie gut sie schmeckten. FestBei den Länderpräsentationen hatte jedes Land fünf Minuten Zeit, sich zu präsentieren. Wir Schweizerinnen inszenierten eine Schwingszene mit zugehöriger Feier und sangen «Es Burebüebli» - in Englisch. Es war ein super Gefühl zu merken, dass unsere Vorstellung beim Publikum sehr gut ankam. Alle wippten wie wir auf den Stühlen hin und her und sangen beim Lied mit. Durch diese Präsentationen lernten wir gegenseitig etwas aus den Kulturen von 20 europäischen Ländern. Alle diese Leute sind meine Freunde geworden. Sie haben mein Interesse an ihrer Kultur geweckt. Seit ich wieder in der Schweiz zurück bin, unterhalte ich mich auch viel lieber mit Leuten aus anderen Kulturen. Ich möchte gerne mehr erfahren über ihre Kultur und ihre Lebenseinstellungen. Ich kann fremden Leuten viel offener begegnen und kann besser mit Konflikten umgehen, die auf Unverständlichkeit beruhen, ja sie sogar aus dem Weg räumen!

Landjugend als Organisation

Als die meisten RallyteilnehmerInnen in Gastfamilien verweilten, nahm von jeder Organisation jemand an der Generalversammlung der europäischen Landjugend teil. Wir hatten die Möglichkeit, uns gegenseitig von unseren Erfahrungen zu erzählen. Dabei erhielt ich viele Ideen, was wir in der Schweizerischen Organisation verändern und verbessern könnten. Es war auch spannend, einige wichtige Leute kennen zu lernen, mit denen ich sonst nur per E-Mail verkehrte.

Vom persönlichen Netzwerk profitieren

Bei einer persönlichen Vorstellung in einer Kleingruppe erfuhr ich, dass Martins aus Lettland sehr gerne Snowboard fährt. Er erzählte auf meine Frage hin, dass sie aber keine Berge hätten, höchstens 300m lange Pisten, einige Schanzen und Rails. Kurzerhand lud ich ihn ein, mich im Winter zu besuchen, um gemeinsam in den Schweizer Alpen zu boarden. Er könnte sich Skiferien in der Schweiz nie leisten. Ich kann es ihm aber offerieren. Als Gegenleistung wird er mir das Railen beibringen oder mich einmal in Lettland beherbergen. Dem Präsidenten der Schottischen Jungbauern erzählte ich von unserer geplanten Reise durch Schottland nach dem Rally. Sofort offerierte er uns freie Logis in seinem Haus. Seine Mutter hat ein Bed & Breakfast, das uns die ganze Woche zur Verfügung gestanden wäre. Wir machten aber schlussendlich nur eine Nacht davon Gebrauch.

Final Diner

Schon als wir unsere Zimmer bezogen, fanden wir auf dem Bett einen Rucksack mit dem Logo der Schottischen Jungbauern. Darin befanden sich weitere Geschenke wie Postkarten, Schreibpapier, Kugelschreiber, Lineal... Noch mehr überrascht und beschenkt wurden wir am letzten Abend: wir durften fein gekleidet in der City-Hall in Perth einen gediegenen Abend verbringen. Nach einem Aperitif durften wir an runden mit Kerzen und Blumengestecken geschmückten Tischen Platz nehmen. Pipes and DrumsTischkärtchen, eine Speisekarte und ein Abendprogramm standen neben jedem Teller. Die kunstvoll gefalteten Servietten und die vielen Gläser liessen bei mir den Eindruck erwecken, ich wäre ein geladener Gast einer Hochzeit. Das Nationalgericht Haggis wurde mit der dazugehörigen Zeremonie präsentiert: Eine Schottin präsentierte die Haggiswurst auf einer Platte, indem sie gefolgt von zwei Dudelsackspielern durch den Saal ging. Jemand anderes trug das Haggisgedicht vor. Danach wurde die Wurst wieder in die Küche gebracht und in Kuchenförmchen als Vorspeise serviert. Nach dem Essen unterhielt uns eine Pipe-and-Drum-Band mit ihren Klängen. Offizielle Dankesworte würdigten alle HelferInnen und Sponsoren. Auch wir TeilnehmerInnen wurden einzeln verdankt und erhielten als Erinnerungsgeschenk ein Adressbuch mit vielen schönen Landschaftsbildern aus Schottland, einen Schlussbericht und einen eingravierten Schlüsselanhänger. Den Abend konnten wir zu schottischer Tanzmusik ausklingen lassen. Da wir die Volkstänze schon während der Woche gelernt hatten, war die Tanzfläche immer voll gestopft. Wir alle feierten gerne in der schottischen Kultur. Nach diesem Schlussbouquet hiess es leider schon Abschied nehmen von dieser einmaligen Woche.